Geschwungene Formen, verstörende Körper, brachial-figurale Strukturmuster: die Schnitzkunst der Makonde gehört mitunter zu dem Faszinierendsten, was der afrikanische Kontinent an kulturellen
Erzeugnissen hervorgebracht hat. Meisterhaft bearbeitetes Ebenholz, einem der wertvollsten und seltensten Naturmaterialien weltweit, zieht aufgrund seiner schwarzen Farbe, seiner markanten
Oberflächenstruktur und seiner Strahlkraft die Menschen in Bann. Abgewandt und dennoch im Kern immer verbunden bleibend zu den traditionellen Arbeiten stammeskultureller Objekte wie Masken oder
lebensnaher Skulpturen, wie sie zum Beispiel Dank Forschern wie Karl Weule (Museum für Völkerkunde Leipzig) schon Anfang des 20. Jahrhunderts zu finden waren, so hat sich seit dem zweiten
Weltkrieg eine moderne Makonde-Schnitzkunst entwickelt, die – sicherlich geprägt und beeinflusst durch die Bedürfnisse und Anforderungen eines westlichen Kunstmarkts – zahlreiche Stile
hervorgebracht hat.
Der Lebensmittelpunkt vieler Schnitzerfamilien hat sich heute von der ursprünglich an der Grenze von Mozambique zu Tansania angesiedelten Volksgruppe der Makonde aufgrund der besseren
Arbeitsmarktbedingungen in Tansanias Hauptstadt Dar es Salaam verlagert. Die Makonde haben viele renommierte Künstler wie Nwjedi Dastani, John Fundi, Dr. Roberto Jacobo, Samaki Likankoa,
Kashimiri Matayo (Cosmel), Felix Mbalale oder Clementi Mtai hervorgebracht, deren Arbeiten weltweit in zahlreichen Museen zu bewundern sind. Der weltweit wohl bekannteste Künstler unter ihnen,
der 2005 verstorbene George Lilanga, durchbrach die klassischeren Schnitzarbeiten durch seinen farbenfrohen, beinahe popkulturellen Stil, in dem er seinen Shetanis in den vielfältigen Skulpturen,
Gemälden, Drucken oder Stahlobjekten Leben einhauchte.
Die Karlsruher Makonde Art Collection entführt mit ihren mehrere hundert Arbeiten umfassenden Kunstwerken in die faszinierende Welt der Makonde und möchte auch mit der vorliegenden Publikation
einen Teil dazu beitragen, diese beeindruckende ostafrikanische Kultur einem breiten Publikum näher zu bringen und zu begeistern.
Dr. Oliver Langewitz